An Seitan scheiden sich die Geister. Ein Großteil der veganen Fleischersatzmaterialien, die tatsächlich wie Fleisch schmecken, scheinen auf Basis von Seitan hergestellt zu werden. Vor allem wegen der fleischähnlichen Textur und der vielfältigen Würzbarkeit. Eine tolle Sache eigentlich, bestünde er nicht fast ausschließlich aus Weizeneiweiß, den sogenannten Gluten. Eigentlich ist es auch nicht irgendein Weizenweiweiß, sondern ein Speichereiweiß, das der Weizen in seinen Samen sozusagen für den Nachwuchs einlagert. Wie berechtigt oder unberechtigt die Ablehnung dieser Speichereiweiße ist, möchte ich in einem separaten Artikel ansehen, soweit möchte ich das Thema hier mal offen lassen. Sollte man aber nicht direkt an Zöliakie erkrankt sein, ist Seitan zumindest mal einen Versuch wert. Mich hat einfach interessiert, wie Seitan hergestellt wird, wie aufwändig das ist, und was sich damit machen lässt, in der Küche.
Mal vorweg, Seitan ist wirklich einfach herzustellen! Mit ein paar caveats (quasi: warnenden Hinweisen).
Seitan Herstellung und Zubereitung
Es gibt im Netz auch viele Anleitungen dazu, diese hier ist beispielsweise wirklich umfassend und schön aufgezogen, auch wie man den Seitan geschmacklich aufpeppen kann. Ich persönlich bin dabei vor allem von Neugier getrieben, bzw. dem Wunsch dem nicht ganz so guten Ruf von Seitan als Glutenprodukt etwas auf die Spur zu kommen. Dazu ist es mal interessant, das Produkt kennen und „fühlen“ zu lernen, finde ich. Grundsätzlich gibt es zwei Methoden, man stellt aus einem Glutenmehl mit Wasser einen Teig her, und fertig ist die Seitan Grundmasse. Mir kam das etwas wie schummeln vor, auch vermute ich, dass dieses Glutenmehl höher prozessiert ist, deswegen hat mich die einfachere Methode mehr gereizt: Seitan einfach aus Weizenmehl „herauskneten“. Hat so etwas von „back to the basics“, oder? Ja, aber …

… um zu diesem Punkt zu kommen, fertig geknetetem Seitan, kann man Stunden damit verbringen, ihn unter Wasser zu kneten. Denn genaugenommen macht man nur einen einfachen Teig aus Weizenmehl und Wasser, lässt ihn gehen und knetet diesen Teig solange unter Wasser, bis die gesamte Stärke ausgewaschen ist. Etwa 75% der Teigmasse sind weggespült, was übrig bleibt, ist das gummiartige Glutennetz aus Weizenprotein. Auch beim Brotbacken ist diese Vernetzung übrigens die große Bedeutung der Gluten, dadurch wird das CO2 (Kohlendioxid) im Teig gehalten, wenn es von Hefe oder Backpulver erzeugt wird. Sie sie sind dafür verantwortlich, dass z. B. Brot überhaupt aufgehen kann und machen das Brot nebenbei elastischer. Das Teiggkneten dient, soweit ich weiß, deswegen insbesondere der Glutenvernetzung. Aber naja, beim Seitan will man eben nicht den gesamten Teig (also nicht die Stärke), sondern eben nur dieses Proteinnetz.
Seitan Fotostrecke
Die Seitanmasse wird in Gemüsebrühe gekocht Nach dem Kochen wir der Seitan abgeseiht um Wasser zu verlieren und bereit zum Einbeizen zu werden Der abgeseihte und ausgekühlte Seitan wird in einer Schale erstmals eingebeizt bzw. in der Beize eingeweicht. In einem großen Vorratsglas / Rexglas lässt sich Seitan vorzüglich einbeizen. Der gebratene Seitan hat eine komplexere Textur als Tofu und je nach Herstellung mehr oder weniger nahe an Fleisch. Gebeizt und gebraten kann er erstaunlich gut schmecken, etwa durch Sojasauce auch stark nach Umami. Gebratener Seitan kann wie Fleisch als Beilage verwendet werden. Hier eher spontan in einem Abendessen mit Pasta mit Tomatensoße.
Seitan aus Weizenmehl herstellen
Materials
Materialien für den Seitan
- 2 kg Weizenmehl (Universal)
- 1,5 Liter Wasser
Materialien für die Beize
- 250 ml Gemüsebrühe Ein Bund Suppengemüse in ca. 400 ml gut gesalzenem Wasser etwa eine Stunde köcheln lassen.
- 8 EL Sojasauce
- 100 ml Schwarzbier Ein süßliches Bier
- 10 Zehen Knoblauch (geviertelt)
- 2 EL Essig Nach Geschmack. Ich habe einen Schwung Himbeeressig verwendet.
- 1 EL Rohrzucker
- 2 TL Sesamöl
- 1 TL Senf
- 2 Wacholderbeeren
- Salz & Pfeffer Nach Geschmack
Instructions
- Das Weizenmehl wird mit dem Wasser zu einem homogenen Teig verknetet und mindestens drei Stunden in einer Schüssel abgedeckt rasten gelassen.
- Die Schüssel dann mit Wasser befüllen, bis der Teig knapp unter der Wasserlinie liegt.
- So lange kneten bis das Wasser milchig weiß ist.
- Das Wasser gegen Frischwasser austauschen und den vorhergehendenden Schritt wiederholen, bis das Wasser einigermaßen klar bleibt. Zu diesem Zeitpunkt ist der Großteil der Stärke aus dem Teig ausgeschwemmt, die Gluten bleiben übrig. Wird von Hand geknetet (auch in der Maschine funktioniert das), kann das je nach Knetgeschwindigkeit in etwa drei Stunden dauern.
- Die fertige Seitanmasse kann nun gekocht, gedämpft oder im Backrohr gebacken werden, jeweils mit anderer Konsistenz. Hier habe ich den Seitan in etwa 8x2x4 cm große Stücke geschnitten und etwa eine Stunde in klarer Gemüsebrühe gekocht. Dämpfen und backen führen zu einer festeren, fleischähnlicheren Konsistenz.
- Um Seitan wie in meiner Fotostrecke zu bekommen, werden die Stücke nach etwa einer Stunde im kochenden Wasser in einem Sieb abgeseiht und zum Auskühlen und Abtropfen in einem Topf stehen gelassen.
- Wenn der Seitan weiter ausgekühlt ist, kann man ihn mit einem Löffel oder der Hand vorsichtig weiter ausdrücken, er enthält viel Wasser.
- Die Materialien für die Beize gut vermischen, nach persönlicher Vorliebe abschmecken (stärker würzen ist dabei gut, nur einen Teil des Geschmacks nimmt der Seitan auch an) und die Seitanstücke darin in einer Schüssel oder einem hohen Einmachglas einbeizen.
- Nach 1-2 Tagen ist der Seitan fertig mariniert und essbereit. Er kann dann wie ein Stück Fleisch in der Pfanne gebraten und etwa wie Geschnetzeltes verwendet werden.
Etwas Grundsätzliches zur Herstellung
Gut, ich habe also Seitan aus Mehl ausgewaschen. War eine interessante Erfahrung, hat sich ausgezahlt und wirklich ziemlich gut geschmeckt. Auch Leuten, die damit sonst keine Erfahrung haben und eher zu den Fleischessern gehören. Ich habe es dafür in meinem Familienumfeld getestet. Aber: Die Variante, ihn direkt aus Glutenmehl herzustellen, hat wohl wirklich enorme Vorteile. Unter anderem kann man ihn dabei auch gleich direkt würzen und etwa mit Kichererbsenmehl aufpeppen. Drei Stunden waschen bei enormem Wasserverbrauch ist einfach nicht ökonomisch. Es hat zwar durchaus Spaß gemacht, aber praktisch ist es nicht, und so viel Wasser wegzuschütten auch nicht. Anders ist es eventuell, wenn man eine Küchemaschine zum Kneten verwendet und die ausgewaschene Stärke und das Wasser recycelt.
Ich werde mir wohl Glutenmehl und seine Herstellung mehr im Detail ansehen, aber vorher noch, wie gesund oder ungesund Gluten tatsächlich sind. Zumindest ist Seitan keine neue Erfindnug oder fehlgeleiteter Veganismus, sondern wird in verschiedenen Formen in Asien schon seit Jahrhunderten konsumiert. Man kann also neugierig bleiben!
Viel Spaß beim Ausprobieren!
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